Im Schach- und Kegelcenter in Granschütz empfing uns heute der Teamleiter Erik Hoffmann ganz entspannt beim Ausfüllen der Spielberichtsbogen. Herr Melchior, unser Fahrer, war begeistert von der Spielstätte, die neben einem Schachraum auch eine Kegelbahn beinhaltete, bei der die Zeit scheinbar stehen geblieben ist, im positiven Sinne. Eine nostalgische Atmosphäre herrschte auch im Schachraum, wo vier analoge Uhren aufgestellt wurden. Aber das Ticken der Uhren war nicht das, was mich heute aufregen sollte.
Granschütz II war heute das gegnerische Team, das nach 3 Spieltagen erst einmal am Brett gewinnen konnte (wir bisher 5). Dementsprechend war ich siegessicher, denn unsere Aufstellung war vielversprechend:
(Links ist weiß und in Klammern die DWZ)
1. Frederik Fiedler (1499) gegen Arndt Lutsche (1427)
2. Erik Hoffmann (1244) gegen Marek Mischkewitz (1375)
3. Annabelle Fiedler (994) gegen Roel Frere (1222)
4. Florian Frank (984) gegen Nazim Emrah Sen (1436)
Wir sind also von der DWZ her nur an einem Brett nicht favorisiert, doch ich machte Annabelle kurzerhand zur heutigen Kapitänin und mit diesem zusätzlichen Selbstbewusstsein gingen die Partien los.
Emrah gewann bereits in der Eröffnung zwei Bauern, schlug mit dem Läufer auf b2 ein um einen Turm zu gewinnen, der bis dato nicht mal mehr zurückgeschlagen werden kann und ich machte mir keine Sorgen mehr, denn so eine Stellung zu gewinnen, das macht Emrah im Traum. Eigentlich Zeit, um aufzugeben. Hier sind noch nicht mal 40 Minuten gespielt. Der Gegner versucht einen letzten Angriff, schiebt den Bauern vor, um den Springer anzugreifen. Aber das geht gar nicht, denn hinter dem Bauern steht der König und Emrahs Dame ist bereits auf der E-Linie (der weiße König ist noch nicht rochiert). Dennoch zieht Emrah unnötig den Springer weg. Nun also geht der Gegner weiter und droht mit einzügigem Matt. Ein typisches Mattbild, das in vielen leichten Taktikaufgaben vorkommt. Emrah schlägt den Turm, der Gegner setzt Matt und es herrscht aufgeregte Stimmung. Alle anderen Bretter können es nicht fassen und wir liegen 0-1 zurück.
An Brett zwei, noch viel früher als Emrah, gewinnt Marek einen Bauern und die Qualität mit einer Springergabel. Doch nach Emrahs Niederlage beruhigt Marek sein Spiel und geht auf Nummer sicher. Doch ganz so sicher war die Endspieltechnik mit zwei Türmen gegen Läufer und Turm nicht, hatte er doch noch Mehrbauern und stand klar auf Gewinn. Marek entschied sich alle Figuren abtauschen, einen Freibauern umzuwandeln, den der König sofort wieder schlägt, doch nun so weit weg von allen anderen Bauern steht, dass Marek diese mit Leichtigkeit aufsammeln kann und der Gegner gibt vorzeitig auf. 1-1
An den anderen beiden Brettern wurde von Anfang an geduldig gespielt. Frederik und Annabelle ließen sich beide deutlich mehr Zeit und beide gerieten auch in Zeitnot.
Annabelle, die lieber mit weiß spielen wollte, statt an Brett vier, hat einen Bauernvorstoß übersehen, doch mit Gegenangriff konnte sie die Figuren zumindest so tauschen, dass es wie folgt für sie aussah: Sie behielt einen Turm, zwei Leichtfiguren und die Dame. Der Gegner wiederum behielt alle Leichtfiguren und die Dame, gab allerdings die Türme her. Eine schwierige Aufgabe, doch durchaus spielbar. Der Gegner fing zuerst mit den Springern an, Annabelles Stellung anzugreifen. Weitere Leichtfiguren wurden getauscht. Annabelle muss jetzt lediglich den Abzugsangriff auf die Dame entdecken, der mit Schach kommt und sie kann die Stellung halten. Sie sieht das Schach, aber nicht den Angriff auf die Dame und sie verliert noch ihren Läufer. So geht sie ins Endspiel mit Dame und Turm gegen Dame, Springerpaar und Läufer. So gut wie verloren. Lediglich ein Dauerschach kann hier die Hoffnung auf Remis hochhalten. Doch es gibt keins. Der Gegner kann hier locker auch mit Grundreihenmatt drohen.
Annabelle jedoch reklamiert ein regelwidriges Remisangebot an Frederik am benachbarten Brett und nach kurzer Diskussion erklärt sie den alten Männern (an Brett 1 und 3), wie ein Remis angeboten wird. Sie geben klein bei und die Partien laufen weiter und offenbar eingeschüchtert findet Annabelles Gegner keine Möglichkeit ihre Dame zu gewinnen und bietet Remis!!! Sie nimmt natürlich an. 1,5-1,5
Frederik hat nach der Eröffnung beim Abtausch von Figuren einen Bauern verloren, seine Stellung ist nicht so gut, das Feld ist offen, sein Springer steht am Rand und gegen einen Läufer hat sein eigener Turm wenig Felder, um sich zu bewegen. Doch der Gegner hat offenbar kurzzeitig die Konzentration verloren. Immerhin wurden hier ständig Remisangebote in den Raum geschleudert, sodass kaum noch jemand den Überblick behalten konnte, wer jetzt eigentlich wen das letzte Angebot gesendet hat.
In der Stellung also schafft es Frederik mit seinem Springer wieder ins Spiel zu kommen und droht den Läufer zu gewinnen mit einer hervorragenden Gabel. Es ist noch kompliziert, doch der Gegner findet die richtigen Abwehrzüge. Frederik kann jetzt jederzeit den Bauern zurückgewinnen, aber es gibt auch einen Springerzug, der weiterhin für ihn die Figur gewinnen lässt. Es sind sogar mehrere Springerzüge hintereinander, doch es würde funktionieren. Frederik entschied sich anders, denn er war kurz vorm Blättchenfall und noch nicht im 40. Zug. Er gewinnt den Bauern zurück und kurze Zeit später wird wieder gefragt, ob Frederik noch Remis annehmen würde. „Na, was denn nun?“ Remis oder nicht?“, fragte Freddy, nachdem zwei Züge vorher noch abgelehnt wurde. Die Hände werden geschüttelt und die Partie endet nach 4 Stunden Remis.
Zwei zu Zwei ist also der Endstand und wir können sehr glücklich mit dem Ergebnis sein, auch wenn wir vor den Partien mehr vorgehabt haben.
Emrah war sehr unglücklich und natürlich ärgert es alle, dass er das Matt nicht gesehen hat. Das passiert jedem Mal und wir lernen daraus.
In zwei Wochen geht es gegen das vierte Team aus Hettstedt, dieses Mal wieder zu Hause in der Johannesgemeinde.
Sven Wusterhausen