Der zweite Wettkampftag, 25. Juni 2021
Nach dem gestrigen Regentag scheint das Wetter heute etwas besser zu werden. Unser Gegner in der Frührunde kommt aus Bayern, die ATSV Oberkotzau, wieder ein Quartett, das hinter uns gesetzt ist. Ein wenig Vorbereitung mit Nelly und Anouk und die Warnung, die Gegnerinnen nicht zu unterschätzen. Dann zog das Team, wie immer 8.15 Uhr mit dem Roten Turm, den Ersatzspielerin Annabelle tragen durfte los. Übrigens hat es unser Maskottchen immerhin schon in die hiesige Turnierzeitung geschafft.
Vielleicht noch ein Satz zur Live-Übertragung am 1. Tag, viel gepriesen als Kommunikationsmittel für die die draußen bleiben müssten. Nach den zu erwartenden Anfangsproblemen zur 1. Runde setzten sich diese am Ende von Runde 2, besonders in der u14w fort. Hier gab es ab 18.00 Uhr, also mitten in der Runde, keine Aktualisierung mehr. Man wusste praktisch nichts.
Außerdem wird dieser Freitag als Stresstag in unsere Turniergeschichte eingehen. Ich will das an vier Beispielen erläutern. Zunächst musste noch einmal getestet werden. Das führte zunächst zu langen Warteschlangen an der Teststation (da sagt man, im Westen gibt es keine Schlagen…?) Trotzdem war unsere Delegation gegen 15.30 Uhr komplett „negativ“ bzw. vorher geimpft. Negativ war auch das Ergebnis der Frührunde gegen ATSV Oberkotzau. Vier gute bis sehr gute Partie und trotzdem 1:3 verloren. Wie geht denn das?
Beginnen wir Sariana, weil sie als erste und nach knapp 90 Minuten fertig war (Stand auf der Uhr 1.20. Gestartet war man mit 1.30…). Sie unterlag, hatte aber alle Hinweise von Nelly und mir perfekt angesetzt, gute Züge gefunden, auf Gewinn gestanden und sogar eine Mattdrohung aufgestellt. Doch eine Mattkombination mit Grundreihenmatt ihrer Gegnerin Clementine Köppel leitete sie selbst ein und schnell lag unser Team mit 0:1 zurück. Bei den anderen sah es aber ganz gut aus. Besonders die bisher oft pessimistisch-selbstkritische Charlotte („Ich habe schlecht gespielt…“) spielte eine perfekte Partie, ging mit zwei Mehrbauern ins Endspiel, lächelte über ein Remisangebot ihrer Gegnerin und gewann ihre zweite Schwarzpartie hier. Doch dann wurde es traurig und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Anouk Lorenz unterlag im Duell der Gastspielerinnen nach Zeit gegen Cora Hergenröder, weil sie die 40 Züge in der Zeit nicht schaffte („ihre Partie war mindestens Remis…“ Nelly). Und Nelly selbst, mit Figur mehr und „ihrer stärksten Partie“, übersah eine Springergabel mit Turmverlust gegen Elisabeth Reich (41. …Tf7?? 42. Sh6+ Kg7 43. Sxf7) und weg war er der mehr als verdiente Punkt oder Sieg.
Stress für mich gab es aber auch beim Schiedsrichterlehrgang, der an sich sehr viel Spaß macht. Am Vormittag ging es um digitale Uhren, immer ein rotes Tuch für mich. Und etwas deutsch-deutsches: als es zur Pause ging fragte ich: „Viertel Elf geht es weiter?“ Das haben viele Wessis nicht verstanden!
Nach dem Trocknen der Tränen und mancher Analyse wartete schon der nächste Gegner: TuRa Harksheide von 1945 Norderstedt aus Schleswig-Holstein. Und es begann wieder schlecht, weil Sariana, nach nur 16 Zügen in absolut einfacher Stellung eine noch einfachere Mattdrohung mit Läufer und Dame übersah. Bei ihr merkt man besonders die fehlende Spielpraxis in der langen Coronazeit. Nelly hatte zu dieser Zeit durch eine übersehene Drohung im 19. Zug eine Figur verloren oder nicht wieder bekommen und stand zunehmend auf Verlust gegen Gastspielerin Marianne Stepanjan. Allerdings konnte sie im 35. Zug einen Läufer fangen von dem man nicht wusste, ob er sich bewusst geopfert hatte. In jedemfall war die Partie seitdem klar verloren. Doch Schach ist manchmal Magie und der Magier dieser Partie hieß Nelly Adelmeyer. Vor allem unscheinbar geile Züge waren es (38. e4!) die den schwarzen König auf g4 und später tatsächlich auf g3 lockten. Nelly konnte ihr Glück kaum fassen und ist wohl nur aus Coronagründen nicht durch die Halle gehüpft. Als Marianne Stepanjan das Unheil bemerkte war es zu spät und der g und der h- Bauer rannten nun los und nach 42. h6 gab Schwarz auf. Man fasst es nicht. „Sie hat gewonnen!“ informierte Frau Adelmeyer nach über 3 Stunden erleichtert, es stand 1:1. Anouk, am 2. Brett, hatte von Anfang ihre Problemchen, mit der Partie und vor allem wieder mit der Zeit. Dafür sorgt Charlotte hier am 3. Brett weiter für Furore. Wieder eine tadellose Weißpartie, die sie mir auch gleich stolz präsentierte. Superläuferpaar, starke Ideen mit den Schwerfiguren im Zentrum ließen Ani Petrosyan nie eine Chance. Im 36. Zug hätte Charlotte noch einen Turm gewonnen, doch ihre Gegnerin gab vorher auf. Nun begann gegen 19.00 Uhr das einstündige Zittern um Anouk. Sie kämpfte um das Remis und den Mannschaftssieg. Die Mannschaft stand (auch praktisch) an ihrer Seite. Durch 9 Züge in einer Minute kam sie in die Zeitkontrolle, doch ihre Gegnerin, Vanessa Foos, spielte mit ihren zwei Mehrbauern, das nicht leichte Dameendspiel sehr gut. Anouk gelang es noch zwei Freibauern am Dameflügel auf Kosten ihrer letzten Bauern zu entschärfen. Doch als die Hoffnungen auf Dauerschach nicht aufgingen gab sie im 67. Zug mit nur 2.28 Restzeit, nach viereinhalb Stunden, auf. Ein großer Kampf um ein 2:2 mit Tendenz zum Sieg.
Morgen heißt der Gegner dann SG Königskinder Hohentübingen aus Württemberg.